PM vom 08.05.2018: Kritik an Veranstaltung der CDU „Demo vor der Schwangerschaftsberatung?“

Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung und das Recht auf Abtreibung sind in einer Demokratie nicht verhandelbar!

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Die CDU Frankfurt Westend hat das Bündnis für körperliche Selbstbestimmung Frankfurt (BfkS FfM) zu ihrer Podiumsdiskussion zum Thema „Demo vor der Schwangerschaftsberatung?“ am 8. Mai in der Evangelisch-Reformierten Gemeinde (Freiherr-vom-Stein-Str. 8, Frankfurt a.M) eingeladen. Auf dem Podium sitzen Dr. Ursula Schoen, Prodekanin des Evangelischen Stadtdekanats Frankfurt am Main; Prof. Dr. Dr. h.c. Frank Louwen, Goethe-Universität, Geburtshilfe, Vorsitzender des Landesvorstands Pro Familia; Cornelia Kaminski, Vorsitzende der Christdemokraten für das Leben in Hessen und stellv. Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle; und Michael zu Löwenstein, CDU-Fraktionsvorsitzender im Römer.

Begründet wird die Veranstaltung folgendermaßen: „Anlass hierfür ist die bis kurz vor Ostern abgehaltene Mahnwache der Gruppe „40 Tage für das Leben“ vor der Beratungsstelle Pro Familia am Palmengarten. Im Mittelpunkt der Diskussionsveranstaltung wird das Spannungsverhältnis zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frauen und dem Schutz des ungeborenen Lebens stehen.“

BfkS FfM, Martina Wronka: Diese sogenannten Demos vor der Schwangerschaftsberatung sind auch als „Gehsteigberatung“ bekannt. Sie werden von fundamentalistischen ‚Lebensschützern‘ organisiert, um dort ratsuchende Schwangere zu terrorisieren und dienen dazu, die neutrale Beratung einer staatlich finanzierten und kontrollierten Einrichtung zu beeinflussen. Die Beratung soll dadurch gestört werden und Frauen emotional erpresst werden. Nicht ohne Grund gibt es deswegen in manchen Städten Gerichtsurteile, die eine Bannmeile um Schwangerschaftsberatungen verhängen.

Die CDU Westend begründet ihre Podiumsdiskussion damit, dass „Information, Diskussion und Austausch, geradezu kontroversen Themen“ wichtig sei.

BfkS FfM, Martina Wronka: Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung insbesondere für ungewollt Schwangere ist KEIN kontroverses Thema, hier gibt es Nichts abzuwägen. Staatliche Institutionen sollen kein Zugriffsrecht auf die Organisation der Reproduktion haben und keine Schwangere darf dazu genötigt werden, ein Kind auszutragen, wenn sie das nicht möchte!

Kontrovers sind ganz andere Fragen!

  • Wie können Unterstützungsangebote für Schwangere geschaffen werden, so dass der finanzielle Hintergrund keine entscheidende Rolle bei der Entscheidung für oder gegen ein Kind spielt?
  • Wie kann die Versorgung mit Hebammen verbessert werden, sodass alle gewollt Schwangeren die bestmögliche Versorgung erhalten?
  • Wie kann das Betreuungsangebot für Kinder kostenlos so umfangreich angeboten werden, sodass sich auch berufstätige Schwangere für ein Kind entscheiden können, ohne mit beruflichen Nachteilen rechnen zu müssen?
  • Wie kann man die Vereinbarkeit von Elternsein und Arbeit erhöhen?
  • Wie kann Kinderarmut wirksam entgegengetreten werden, sodass Kinder auch als geborenes Leben bestmöglich unterstützt werden?
  • Wie können Eltern von behinderten Kindern besser unterstützt werden, sodass eine festgestellte Behinderung des Ungeborenem nicht mehr als unüberwindbare Herausforderung scheint?
  • Wie kann die Behindertenfeindlichkeit in der deutschen Gesellschaft und Arbeitswelt abgebaut werden?

Und weiter:

  • Wie kann die gesellschaftliche Stigmatisierung und Tabuisierung von Schwangerschaftsabbrüchen aufgelöst werden, sodass niemand ein Kind bekommen muss, das nicht gewollt ist?
  • Wie kann der gesellschaftliche Diskurs so verändert werden, dass Mutter-Sein kein gesellschaftlicher Zwang mehr ist, sondern eine freiwillige Entscheidung?
  • Wie kann es geschafft werden, dass Politiker*innen aufhören, Frauen* vorzuschreiben, wie sie leben und sich entscheiden sollen?

 

BfkS FfM, Martina Wronka: Ein erster Anfang wäre die Streichung der §218 ff. aus dem Strafgesetzbuch und die Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen als medizinische Eingriffe, die komplett von der Krankenkasse finanziert werden. Ein weiterer Schritt wäre die Einrichtung flächendeckender und kostenfreier Beratungs- und Unterstützungsangebote für Schwangere – egal ob sie das Kind behalten wollen oder nicht.

Zudem sollten reaktionäre und frauenfeindliche Positionen, wie sie von der Podiumsteilnehmerin Cornelia Kaminski vertreten werden, keine Bühne bekommen. Nur weil eine Meinung existiert, heißt das noch nicht, dass sie gehört werden muss.

Wer wie Frau Kaminski eine führende Position in der reaktionären, ausländerfeindlichen Kleinstpartei ALFA des ehemaligen AfD-Vorsitzenden Lucke einnimmt, hat sich als Diskussionspartner in einer am Grundgesetz orientierten Debatte bereits disqualifiziert. Wer zudem wie Frau Kaminski als Rednerin beim reaktionären, religiös-fundamentalistischen „Marsch für das Leben“ in Berlin auftritt, zeigt deutlich, dass hier Ideologie wichtiger ist als das Leben bereits lebender ungewollt Schwangeren. Eine gewinnbringende Diskussion mit Claudia Kaminski über die für uns kontroversen Fragen ist nicht vorstellbar.